Die Geschichte winkt

- Paul Ehrlich spricht wieder

Einblicke in ein digitales Vermittlungsprojekt des Deutschen Automatenmuseums zur Sonderausstellung „Jetzt mal ganz EHRLICH!“

[Bild links: Karin Gauselmann (rechts), Nachfahrin des Leipziger Erfinders, schaut sich gemeinsam mit Fabiana Kresse, Urheberin des digitalen Paul Ehrlichs, die neue Erfinderstele an.]

Karin Gauselmann (rechts) schaut sich gemeinsam mit Fabiana Kresse, Urheberin des digitalen Paul Ehrlichs, die neue Erfinderstele an.
Karin Gauselmann (rechts) schaut sich gemeinsam mit Fabiana Kresse, Urheberin des digitalen Paul Ehrlichs, die neue Erfinderstele an.

Die Geschichte winkt

- Paul Ehrlich spricht wieder

Einblicke in ein digitales Vermittlungsprojekt des Deutschen Automatenmuseums zur Sonderausstellung „Jetzt mal ganz EHRLICH!“

[Bild links: Karin Gauselmann (rechts), Nachfahrin des Leipziger Erfinders, schaut sich gemeinsam mit Fabiana Kresse, Urheberin des digitalen Paul Ehrlichs, die neue Erfinderstele an.]

Bekannte historische Fakten - neue Vermittlungswege

In ihrem Buch „Paul Ehrlich und die Anfänge der Leipziger Musikautomaten-Industrie“ hatte Musikwissenschaftlerin PD Dr. Birgit Heise bereits das Wirken Paul Ehrlichs wissenschaftlich beleuchtet. Auf Grundlage dieses Werks, an welchem unter anderem Sascha Wömpener (Leiter des Deutschen Automatenmuseums, Espelkamp) durch einen Text über das Privatleben des Erfinders mitwirkte, entstand die Idee einer digitalen Aufarbeitung, um diese Inhalte zugänglich zu machen, ohne etwaige Originaldokumente konservatorischer Gefahren auszusetzen.

„Wie würde es wohl klingen, wenn Paul Ehrlich selbst durch seine Ausstellung führen könnte?“

Diese Frage stand am Anfang der ungewöhnlichen Aufgabe, historische Forschung, künstliche Intelligenz und mediale Gestaltung auf neue Weise miteinander zu verbinden. Was als umfassendes Marketing- und Digitalisierungsprojekt für die Webseite www.paul-ehrlich-leipzig.de und für ein Museumsbuch 2.0 begann, wurde im Laufe der Vorbereitungen immer mehr zur Suche nach neuen Formen der musealen Wissensvermittlung.

Uns wurde schnell klar: Wir möchten über eine reine Dokumentation hinausgehen. Wir möchten, dass Paul Ehrlich selbst zu Wort kommt - mit Gesicht, Stimme und Geschichte. So entstand die Idee der Erfinderstele 2.0.

Annäherung an eine historische Persönlichkeit

Bevor wir den Erfinder mithilfe moderner Technik zum Leben erwecken konnten, musste seine Biografie sorgfältig rekonstruiert werden: Mit Empathie, Genauigkeit und einer soliden Quellengrundlage. Das Familienfotoalbum, das Stammbuch und erhaltene Zeitungsartikel halfen uns, ein Bild von Paul Ehrlich zu zeichnen. Sowohl als Tüftler und Unternehmer, als auch als Familienmensch.

Im Hinblick auf den aktuellen Forschungsstand und die derzeitige historische Quellenlage gelang es Jessica Midding (Kuratorin des Deutschen Automatenmuseums) mit wissenschaftlicher Sorgfalt, Monologe aus der Perspektive des Ariston-Erfinders zu konstruieren.

„Die Idee, die Erfinder der mechanischen Musikautomaten persönlich zu Wort kommen zu lassen, entstand im Rahmen der Ausstellung Gut aufgelegt – Meisterwerke der mechanischen Musik 2018“
, so die Kunsthistorikerin. „
Vor mittlerweile sieben Jahren haben wir auf historischen Quellen basierende Texte einlesen lassen und Erfindern wie Friedrich Kaufmann oder Emil Berliner in den Mund gelegt. In der Ausstellung waren diese akustischen Informationen an Hörstationen für die Besuchenden zugänglich und zeigten uns bald: Der Zugang zur Welt der Mechanischen Musik fällt den Menschen leichter und bleibt nachhaltiger im Kopf, wenn man sie unmittelbar mit Biografien und den Persönlichkeiten verbindet, die für sie einst maßgeblich waren.“

Kuratorin Jessica Midding präsentiert die Geschichte der automatischen Revolution
Kuratorin Jessica Midding präsentiert die Geschichte der automatischen Revolution

Im Hinblick auf den aktuellen Forschungsstand und die derzeitige historische Quellenlage gelang es Jessica Midding (Kuratorin des Deutschen Automatenmuseums) mit wissenschaftlicher Sorgfalt, Monologe aus der Perspektive des Ariston-Erfinders zu konstruieren.

„Die Idee, die Erfinder der mechanischen Musikautomaten persönlich zu Wort kommen zu lassen, entstand im Rahmen der Ausstellung Gut aufgelegt – Meisterwerke der mechanischen Musik 2018“
, so die Kunsthistorikerin. „
Vor mittlerweile sieben Jahren haben wir auf historischen Quellen basierende Texte einlesen lassen und Erfindern wie Friedrich Kaufmann oder Emil Berliner in den Mund gelegt. In der Ausstellung waren diese akustischen Informationen an Hörstationen für die Besuchenden zugänglich und zeigten uns bald: Der Zugang zur Welt der Mechanischen Musik fällt den Menschen leichter und bleibt nachhaltiger im Kopf, wenn man sie unmittelbar mit Biografien und den Persönlichkeiten verbindet, die für sie einst maßgeblich waren.“

Die Kuratorin führt weiter aus:

„Natürlich ist die Idee, Verstorbenen Worte in den Mund zu legen, streitbar und ein sehr verantwortungsvolles Unterfangen. Für unser Team war nur klar, wenn die Worte auf nachweisbaren Fakten und Überlieferungen beruhen und wir damit die Mechanische Musik für die Menschen des 21. Jahrhunderts nahbar und damit zugänglich machen können, dann ist es den Versuch wert.“

„Die Rückmeldungen, die wir von Besucherinnen und Besuchern bekommen, sind generationsübergreifend positiv.“,
so Jessica Midding weiter.
„Es gelingt uns so, Menschen zu erreichen, denen die Faszination für die Person und die Arbeit Paul Ehrlichs wohl immer im Verborgenen geblieben wäre. Für uns ist das die Vermittlungsarbeit der Zukunft.“

Technik trifft Geschichte

Ein statisches Bild, ein historischer Text und plötzlich spricht Paul Ehrlich mit Stimme, Mimik und Gestik zu den Museumsgästen.
Möglich wurde das durch ein fein abgestimmtes Zusammenspiel digitaler Werkzeuge. In seinem eigenen „Making-of“ erklärt das digitale Abbild Paul Ehrlichs:

„Neue Technologien, wie künstliche Intelligenz oder KI, wie man sagt, spielten dabei eine wichtige Rolle. [...] In meinem Fall brauchte es mehrere Schritte, um aus einem Foto eine schöne Erzählung zu kreieren.“

In der Tat waren mehrere Versuche nötig, bis das Ergebnis stimmte. Erste Tests mit verschiedenen generativen KIs begannen schon Anfang 2023 und lieferten visuell unstimmige Ergebnisse. Mal mit starren Bewegungen, fehlender Lippensynchronität, unpassendem Blinzeln oder in zu geringer Auflösung. Die Software entwickelte sich schnell weiter und war aus unserer Sicht ab 2025 reif für eine Nutzung im Museumskontext. Die natürlichsten Bewegungsabläufe entstanden letztlich mit Hailuo AI, während die Lippensynchronisation separat in Runway AI erzeugt wurde. Das finale Video entstand durch eine manuelle Abstimmung von Text, Mimik und Ton.

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Technik trifft Geschichte

Ein statisches Bild, ein historischer Text und plötzlich spricht Paul Ehrlich mit Stimme, Mimik und Gestik zu den Museumsgästen.
Möglich wurde das durch ein fein abgestimmtes Zusammenspiel digitaler Werkzeuge. In seinem eigenen „Making-of“ erklärt das digitale Abbild Paul Ehrlichs:

„Neue Technologien, wie künstliche Intelligenz oder KI, wie man sagt, spielten dabei eine wichtige Rolle. [...] In meinem Fall brauchte es mehrere Schritte, um aus einem Foto eine schöne Erzählung zu kreieren.“

In der Tat waren mehrere Versuche nötig, bis das Ergebnis stimmte. Erste Tests mit verschiedenen generativen KIs begannen schon Anfang 2023 und lieferten visuell unstimmige Ergebnisse. Mal mit starren Bewegungen, fehlender Lippensynchronität, unpassendem Blinzeln oder in zu geringer Auflösung. Die Software entwickelte sich schnell weiter und war aus unserer Sicht ab 2025 reif für eine Nutzung im Museumskontext. Die natürlichsten Bewegungsabläufe entstanden letztlich mit Hailuo AI, während die Lippensynchronisation separat in Runway AI erzeugt wurde. Das finale Video entstand durch eine manuelle Abstimmung von Text, Mimik und Ton.

Reaktionen im Museum: Staunen, Lächeln, Zuhören

Seit der Eröffnung der Wanderausstellung „Jetzt mal ganz EHRLICH!“ ist die Erfinderstele 2.0 fester Bestandteil der Hauptausstellung im Deutschen Automatenmuseum. Sie steht frei im Raum, Paul Ehrlich erscheint auf einem Touchscreen in etwas überlebensgroßer Darstellung. Museumsgäste wählen zwischen den Kapiteln „Ausbildung“, „Beruf“, „Familie“ und „Making-of“, nachdem Paul Ehrlich sie durch Winken zu sich gelockt hat. Die Reaktionen auf die Stele fallen durchweg positiv aus. Viele bleiben stehen, lassen sich die historischen Hintergründe und persönlichen Anekdoten erzählen. Manche sind im ersten Moment überrascht, wenn sich das Bild plötzlich bewegt. Ein kurzes Lachen, ein Innehalten und dann: echtes Interesse. Besonders für Menschen, die sich nicht nur über Texte informieren möchten, ist die Stele eine willkommene und lebendige Alternative.

Vorschaubild_DigitaleFührung
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Reaktionen im Museum: Staunen, Lächeln, Zuhören

Seit der Eröffnung der Wanderausstellung „Jetzt mal ganz EHRLICH!“ ist die Erfinderstele 2.0 fester Bestandteil der Hauptausstellung im Deutschen Automatenmuseum. Sie steht frei im Raum, Paul Ehrlich erscheint auf einem Touchscreen in etwas überlebensgroßer Darstellung. Museumsgäste wählen zwischen den Kapiteln „Ausbildung“, „Beruf“, „Familie“ und „Making-of“, nachdem Paul Ehrlich sie durch Winken zu sich gelockt hat. Die Reaktionen auf die Stele fallen durchweg positiv aus. Viele bleiben stehen, lassen sich die historischen Hintergründe und persönlichen Anekdoten erzählen. Manche sind im ersten Moment überrascht, wenn sich das Bild plötzlich bewegt. Ein kurzes Lachen, ein Innehalten und dann: echtes Interesse. Besonders für Menschen, die sich nicht nur über Texte informieren möchten, ist die Stele eine willkommene und lebendige Alternative.

Blick nach vorn

Wir sehen in solchen Projekten nicht nur eine technologische Spielerei, sondern eine echte Zukunftsperspektive für das Museum als Ort der Vermittlung. Die Qualität KI-generierter Inhalte entwickelt sich rasant! Bereits für den Herbst ist ein technisches und inhaltliches Update der Stele geplant: bessere Lippensynchronisation, verbesserte Bewegungsgenerierung, zusätzliche Kapitel. Und Paul Ehrlich soll nicht allein bleiben: Weitere Erfinderstelen in der Hauptausstellung sind in Planung. Mit jeder neuen Figur eröffnen wir weitere Erzählräume.

Dabei ist uns der verantwortungsvolle Umgang mit KI wichtig. Unsere Besucher*innen sollen nachvollziehen können, wie die Inhalte entstanden sind. Darum berichtet Paul Ehrlich im Kapitel „Making-of“ auch offen von seinem eigenen Entstehungsprozess. Unser Ziel ist es, digitale Werkzeuge so einzusetzen, dass sie Wissen vertiefen, nicht verfälschen und dass sie neuen Zielgruppen ermöglichen, Zugang zur Geschichte zu finden.

Denn Museen, die sich nicht mit technologischem Fortschritt weiterentwickeln, laufen Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Häuser, welche die neuen Möglichkeiten reflektiert nutzen, können nicht nur das bestehende Publikum begeistern, sondern auch jüngere Generationen neugierig machen. Paul Ehrlich winkt jedenfalls schon jetzt Gäste und die Zukunft herbei.