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Ein Stück Musikgeschichte

Diplomat 120
Georg Wiegandt & Söhne, Berlin

Mit der Diplomat 120 setzte die Firma Georg Wiegandt & Söhne in Berlin 1954 neue Maßstäbe für die Automatenindustrie in puncto Qualität und technischem Fortschritt.

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Ein Stück Musikgeschichte

Diplomat 120
Georg Wiegandt & Söhne, Berlin

Mit der Diplomat 120 setzte die Firma Georg Wiegandt & Söhne in Berlin 1954 neue Maßstäbe für die Automatenindustrie in puncto Qualität und technischem Fortschritt.

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Die Diplomat 120, hergestellt von der Firma Georg Wiegandt & Söhne, erschien im Jahre 1954 als erste Musikbox mit 120 Wahlmöglichkeiten aus deutscher Produktion. Nach dem Zweiten Weltkrieg prägte die Firma Georg Wiegandt & Söhne aus Berlin entscheidend die Automatenbranche der BRD (vgl. Georg Wiegandt & Söhne: Automaten-Pioniere aus Berlin., 2025). Besonders in den 1950er- und 1960er-Jahren, zur Zeit des Wirtschaftswunders, wurden die Entwicklungen von Wiegandt zu Symbolen für Modernisierung und technischen Fortschritt im Land (ebd.)

Nicht nur durch die Musik und ihren Klang, sondern auch durch ihre gewölbte, durchsichtige Glaskuppel weckte die Diplomat 120 das Interesse in Gaststätten, Cafés oder Tanzlokalen. Für viele Menschen war sie nicht nur ein Automat, sondern ein technisches und optisches Wunderwerk. Sie ließ Menschen zusammenkommen und bot oft die einzige Möglichkeit die eigene Lieblingsmusik zu genießen.

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Die Diplomat 120, hergestellt von der Firma Georg Wiegandt & Söhne, erschien im Jahre 1954 als erste Musikbox mit 120 Wahlmöglichkeiten aus deutscher Produktion. Nach dem Zweiten Weltkrieg prägte die Firma Georg Wiegandt & Söhne aus Berlin entscheidend die Automatenbranche der BRD (vgl. Georg Wiegandt & Söhne: Automaten-Pioniere aus Berlin., 2025). Besonders in den 1950er- und 1960er-Jahren, zur Zeit des Wirtschaftswunders, wurden die Entwicklungen von Wiegandt zu Symbolen für Modernisierung und technischen Fortschritt im Land (ebd.)

Nicht nur durch die Musik und ihren Klang, sondern auch durch ihre gewölbte, durchsichtige Glaskuppel weckte die Diplomat 120 das Interesse in Gaststätten, Cafés oder Tanzlokalen. Für viele Menschen war sie nicht nur ein Automat, sondern ein technisches und optisches Wunderwerk. Sie ließ Menschen zusammenkommen und bot oft die einzige Möglichkeit die eigene Lieblingsmusik zu genießen.

Das robuste Gehäuse war mit Messing-Leisten geschmückt. Es war aus Vogelaugenahorn gefertigt und die farbigen Leuchtleisten gaben der Musikbox einen auffälligen Look.

Die große Glasfront der Diplomat 120 erlaubte einen Blick ins Innere der Musikbox, wo man die Wechselmechanik beim Greifen, Auflegen und Abspielen der Platten beobachten konnte. Im unteren Teil war ein breites Lautsprechergitter mit geometrischem Muster verbaut.
Anders als bei ihren Vorgänger-Modellen, entnahm der Greifarm die Platte nicht aus einem Schallplatten-Stapel, sondern die 45er-Singles waren halbkreisförmig horizontal aneinandergereiht. Der Greifarm hob die Platte nach oben aus der Reihe heraus, drehte sie auf die entsprechende Seite und legte sie dann auf den Plattenteller. Insgesamt enthielt die Diplomat 60 Vinyl-Singles, die beidseitig bespielt werden konnten.

Durch die 120 Wahlmöglichkeiten war das Bedienfeld sehr groß. Es befand sich an der Vorderseite, direkt unterhalb der Glaskuppel. An dieser Musikbox suchte man sich zunächst anhand der Titelstreifen den gewünschten Song. Danach warf man eine Münze ein, um die Wiedergabe freizuschalten.
Mithilfe der großen Tasten auf der rechten Seite des Bedienungsfelds wählte man die gewünschte Seite der Schallplatte aus. Die rote Taste stand für die A-Seite und die Grüne für die B-Seite. Anschließend traf man die Auswahl für den Titel der entsprechenden Seite. Je nachdem, ob der gewünschte Titel auf der A- oder B-Seite lag, war er mit 1 oder 2 gekennzeichnet. Demnach wählte man die rote oder grüne Taste, ebenfalls mit 1 oder 2 markiert, und danach den Taster der jeweiligen Schallplatte, auf der sich der Titel befand.

Die Diplomat 120 war mit einem vergleichsweisen leistungsstarken Verstärker ausgestattet, dem Philips VE1312 mit, je nach Modell, 15-25 Watt (vgl. Wiegandt Musikboxen: Diplomat A – Wiegandt. , kein Datum). In Kombination mit bis zu sechs Lautsprechern sorgte dies für einen kräftigen Klang. Da die Diplomat 120 hauptsächlich in Gaststätten stand, war es wichtig, dass ihre Musik laut und kraftvoll klang.

Songs die aus ihr ertönten waren beispielsweise Jailhouse Rock von Elvis oder Pack die Badehose ein von Cornelia Froboess.

Dekoelement

Seit 2017 befindet sich eine Diplomat 120 A in der Sammlung des Deutschen Automatenmuseums. Wie bei vielen Exponaten ist die Provenienz (also die Vergangenheit des Exponats) - insbesondere der Zeitraum von 1954 bis 2017 – bislang ungeklärt. Auffällig ist, dass bei unserem Exponat bereits ein Philips VE1320 Verstärker eingebaut wurde, welcher ursprünglich erst im Nachfolgemodell, der Diplomat 120 B, Verwendung fand (vgl. Jukebox-World 2025).

Es ist also davon auszugehen, dass bei unserem Exponat, technische Veränderungen vorgenommen wurden; vielleicht nach einem Defekt oder um den Gästen des Aufstellortes länger den bestmöglichen Klang zu bieten.

Georg Wiegandt & Söhne war eine Berliner Firma, gegründet 1926, die sich insbesondere in der Zeit des deutschen Wirtschaftswunders als Hersteller von Automaten einen Namen machte.

Der Lackiermeister Georg Wiegandt wagte 1926 den Schritt in die Selbstständigkeit und warb 1939 erstmals als „Georg Wiegandt & Söhne“ mit den Handwerksdiensten „Spritzlackiererei und Sandbläserei“ (vgl. Richter, 2013, S. 12).

Nach Kriegsende ergänzte die Herstellung von Münzzählern, Warenautomaten und Hygienegeräten das Geschäftsfeld. Bereits 1949 wurden die ersten eigenen Warenautomaten entwickelt und vermarktet. Zu der Zeit waren bei Wiegandt & Söhne bereits 70 Mitarbeiterende beschäftigt (vgl. ebd.). Eines der bekanntesten Modelle war der Parfümautomat „Kölnisch Wasser“, der 1953 auf den Markt kam.

Mehr zu diesem Automaten finden Sie in unserem Beitrag über „die Geschichte der Parfümautomaten“.

Schnell wurden die Automaten von Wiegandt für die Bevölkerung der BRD ein fester Bestandteil des Alltags, denn die Automaten trugen maßgeblich zum Komfort und zur Bequemlichkeit bei.

Ab den 1950er-Jahren zählte Wiegandt & Söhne neben ABA, Seitz und & Normalzeit zu den vier größten Herstellern von Warenautomaten, mit stetig wachsender Anzahl an Mitarbeitenden (vgl. ebd.). Wiegandt erweiterte sein Angebot mit dem Start der Produktion von Geldspielautomaten. Mit dem PR-52 gelang der Firma ein erfolgreiches Debut als Spielgerätehersteller (vgl. ebd.).

Zu dieser Zeit fertigte die Firma Wiegandt, abgesehen von Warenautomaten, auch Musikboxen. Ebenfalls 1952 kam die erste Musikbox von Wiegandt auf den Markt, welche die erste Musikbox ohne Auslandslizenzen aus deutscher Produktion war (vgl. ebd.).

Durch das breit gefächerte Produktportfolio konnte man Wiegandt-Automaten an vielen Orten der jungen Bundesrepublik begegnen- von Bahnhöfen über Ausflugslokale bis hin zu Diskotheken.

Abbildung: Werbezeige (Automaten-Markt Januar 1954, S.85)

Wiegandt-Automaten

Auf den Umsatzrückgang der 78er-Schellack-Schallplatten reagierten die Platten-herstellendern Betriebe, indem sie in die Produktion der 45er-Singles einstiegen (vgl. ebd.). Für die Musikboxhersteller bedeutete dies ebenfalls, dass eine Reform von Nöten war. Wiegandt reagierte auf diese Neuerung mit der Diplomat 120. Diese wurde erstmals auf der Deutschen Industrie-Ausstellung Berlin (kurz: DIAB) im Oktober 1954 vorgestellt und war die erste Musikbox mit 120 Wahlmöglichkeiten aus deutscher Produktion (vgl. (Neue WIEGANDT – Box DIPLOMAT 120 – Wähler, 1954, S.364).

Im Oktober 1956 feierte die Firma ihr 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte Wiegandt & Söhne 480 Mitarbeitende. Der Exportanteil stieg 1956, im Vergleich zum Vorjahr von 3% auf 30% an (vgl. Richter, 2013, S. 13). Der starke Exportanteil hatte die Eröffnungen von Vertriebsniederlassungen in Großbritannien, Malta und den USA zur Folge (vgl. ebd.).

Abbildung: Artikel "30 Jahre Wiegandt Berlin-Neukölln" (Automaten-Markt Juni 1956, S.56)

30 Jahre Wiegandt-Automaten - Einblicke in die Produktion

1959 starb Georg Wiegandt. Die Geschäftsführung übernahm Kurt Wiegandt, sein ältester Sohn (vgl. Todesanzeige Georg Wiegandt, 1958).

„Trotz innovativer Produkte hatte die Firma Wiegandt & Söhne mit mehreren Herausforderungen zu kämpfen.“ (vgl. Georg Wiegandt & Söhne: Automaten-Pioniere aus Berlin., 2025) Die wachsende Konkurrenz als auch die Stagnation der Nachfrage setzten das Unternehmen unter Kostendruck (vgl. ebd.).

Abbildung: Todesanzeige Georg Wiegandt (Automaten-Markt März 1958, S.111)

Todesanzeige Georg Wiegandt

Im Frühjahr 1960 bekundete die ebenfalls in Berlin ansässige „Deutsche Waggonbau- und Maschinenfabrik GmbH“ (DWM) (vgl. Richter, 2013, S. 14), welche während des Krieges unter dem Namen „Deutsche Waffen- und Munitionsfabrik“ bekannt war, Interesse an einer Übernahme von Wiegandt. (vgl. Unternehmensgeschichte der DWM GmbH, Berlin, kein Datum) Nach 1960 wurden Patente nicht mehr unter „Georg Wiegandt und Söhne“ angemeldet, sondern bereits unter dem DWM-Label geführt.

Als die DWM 1971 nach der Fusion mit SEAG-Waggonbau zur „Wagon Union GmbH“ wurde und sich aus dem Automatengeschäft zurückzog, führte dies zugleich zur Auflösung der Wiegandt & Söhne KG (vgl. Richter, 2013, S.14).

30 Jahre Wiegandt Berlin-Neukölln. (07 1956). Der Automaten-Markt - Fachzeitschrift für die gesamte Automatenwirtschaft.

Deutsches-Automatenmuseum. (2024). Abgerufen am 30. September 2025 von https://deutsches-automatenmuseum.de/aktuelles/automatenliebe-blog/parfumautomaten.html

Diplomat 120. (kein Datum). Deutsches Automatenmuseum, Espelkamp. Abgerufen am 30. September 2025

Historische Kälte- und Klimatechnik e.V. (kein Datum). Abgerufen am 01. September 2025 von https://vhkk.org/page/geschichte/pdf/DWM_Unternehmensgeschichte+.pdf

Jukebox-World. (kein Datum). Abgerufen am 30. September 2025 von https://www.jukebox-world.de/Forum/Archiv/Wiegandt/WiegandtDiplomat_A.htm

Jukebox-World. (kein Datum). Abgerufen am 30. September 2025 von https://www.jukebox-world.de/Forum/Archiv/Wiegandt/WiegandtDiplomat_B.htm

Neue WIEGANDT – Box DIPLOMAT 120 – Wähler. (06 1954). Der Automaten-Markt – Fachzeitschrift für die gesamten Automatenwirtschaft, S. S.354.

Richter, C. (2013). Wiegandt Tonmaster, Bedienung – Wartung – Restaurierung. In C. Richter. Kiefersfelden.

Sammler.Net. (2025). Abgerufen am 30. September 2025 von https://sammler.net/geschichten-und-geschichtliches/georg-wiegandt-soehne-automaten-pioniere-aus-berlin/

Todesanzeige Georg Wiegandt. (03 1958). Der Automaten-Markt – Fachzeitschrift für die gesamten Automatenwirtschaft.

Wiegandt-Automaten. (01 1954). Der Automaten-Markt - Fachzeitschrift für die gesamte Automatenwirtschaft.